Junge Wissenschaft 2024

Auch 2024 präsentierten Studierende des Bachelor-Studiengangs Soziale Arbeit im Rahmen einer Open Lecture des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusionsforschung die Ergebnisse ihrer Forschung.

Wann: 25. Jänner 2024, 18:00 Uhr
Wo: online

Programm

Erfahrungen mit Freiwilligen – Eine Analyse der Sichtweisen der Nutzer*innen des Circo FantazzTico in Costa Rica

Anna Binder

Die vorliegende Fallstudie analysiert qualitative Interviews mit vier Nutzer*innen eines sozialpädagogischen Zirkusprojekts in Costa Rica. Es wird der Frage nachgegangen, welche Erfahrungen die Nutzer*innen des Zirkus mit Freiwilligen aus dem Globalen Norden machen. Genauer soll erforscht werden, wie die Wechsel der Freiwilligen von den Nutzer*innen erlebt werden und welche positiven und negativen Aspekte sie für sich durch die Freiwilligendienste sehen. Die Ergebnisse zeigen, dass durch gemeinsame Erlebnisse emotionale Bindungen zwischen Nutzer*innen und Freiwilligen entstehen, die auch traurige Abschiede bedingen. Die Nutzer*innen sehen die Möglichkeit, Freund*innen im Ausland zu haben, die sie bei Zirkus-Touren wiedersehen können. Als negative Aspekte der Freiwilligendienste ließen sich teils fehlende Kompetenzen hinsichtlich Zirkuskünste und Sprache festmachen.

Frauen* mit Fluchterfahrung – die gesundheitlichen Folgen von Arbeitslosigkeit

Tuba Hamid-Azizi

Die vorliegende Fallstudie untersucht den Zusammenhang zwischen der Arbeitslosigkeit und der Gesundheit im Fluchtkontext in Österreich. Der Fokus liegt auf Frauen* mit Fluchterfahrung, da sie aufgrund unterschiedlicher Hürden einen erschwerten Arbeitsmarktzugang haben und dementsprechend eine besonders hohe Arbeitslosenquote aufweisen. Die gesundheitlichen Folgen der Erwerbslosigkeit bei geflüchteten Frauen* sowie der Einfluss dieser auf ihren Alltag werden erforscht.

Insgesamt sind für die Datenerhebung zwei narrative und ein leitfadengestütztes Interview mit zwei Frauen* geführt und diese nach der Methodologie der Grounded Theory ausgewertet worden. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass die Arbeitslosigkeit in Kombination mit der Fluchterfahrung eine Vielzahl an Stressfaktoren verursacht, die zu einer erheblichen Verschlechterung des physischen und psychischen Gesundheitszustands führen. Die Bewältigungsstrategien von Frauen* mit Fluchterfahrung sind im Umgang mit den Herausforderungen vielfältig. Ein erleichterter Arbeitsmarktzugang und niederschwellige Unterstützungsangebote würden ihre Arbeitsmarktinklusion fördern sowie gesundheitliche Belastungen minimieren.

Männer im Frauenhaus? Die Bedeutung des Geschlechts in der Betreuungsbeziehung

Karin Moor

Männer in der Frauenhausarbeit werden seit ihren Anfängen in den 70er Jahren diskutiert. Angesichts der Statistik, die ausweist, dass 16,41% der in Österreich lebenden Frauen in einer intimen Beziehung sexuelle und/oder körperliche Gewalt erfahren haben, scheint diese Diskussion verwunderlich. Jedoch werden Sie in dieser Arbeit gute Gründe für die Involvierung von Männern in die Frauenhausarbeit finden. Gute Gründe aus Sicht von Professionistinnen. Wie aber sehen Frauen mit Gewalt- und Gefährdungserfahrung mit ihren Ex-Partnern die Betreuung durch Männer? Die Literatur bietet hier keine Antwort. Über die Frage an diese Frauen nach dem Erleben ihrer gemischtgeschlechtlichen Betreuung soll die Debatte um Involvierung von Männern in die Frauenhausarbeit angeregt werden.

Um die Bedeutung des Geschlechts in der Betreuungsbeziehung für jene Personengruppe zu eruieren, wurden leitfadengestützte Interviews mit gewaltbetroffenen Frauen aus einem Mutter-Kind Haus geführt sowie ein leitfadengestütztes Expert*inneninterview mit der Leiterin des gleichen Mutter-Kind Hauses. Die betroffenen Frauen werden im Mutter-Kind Haus durch eine weibliche und eine männliche Bezugsbetreuungsperson betreut und kennen die Betreuung durch ein ausschließlich weibliches Bezugsbetreuungsteam aus dem Frauenhaus. Die Interviews wurden anschließend mittels Grounded Theory Methodologie analysiert und ausgewertet. Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden die Hilfeerfahrung, die Betreuungsbeziehung, der Aufenthalt und das Geschlecht der betreuenden Person als Parameter herangezogen.

Es konnte festgestellt werden, dass eine vertrauensvolle Betreuungsbeziehung in der Lage ist diverse Trigger, Konflikte und Krisen zu bestehen und das Potential birgt, diese im sicheren Rahmen nicht nur zu bewältigen, sondern auch daran persönlich und in der Beziehung zueinander zu wachsen. Weiters konnte festgestellt werden, dass Trigger, ob sie nun aus einer traumatischen oder einer anderen Erfahrung resultieren, häufig unbewusst und abstrakt und deshalb herausfordernd in der Bearbeitung sind. Umso komplexer wird die Bearbeitung, wenn man dies in Zusammenhang mit dem Wissen setzt, dass sich gesellschaftliche Normen, wie Geschlechter- und Rollenverständnis, im Körper festschreiben und über den Habitus unbewusst, selbstverständlich unhinterfragt und ständig Ausdruck finden und Normen reproduzieren. Bourdieu nennt es „sanfte Gewalt“. Sie ist der zentrale Faktor, der im Rahmen der Studie herausgearbeitet werden konnte. Diesen gilt es sowohl im Mutter-Kind Haus als auch in der Debatte, um die Involvierung von Männern in die Frauenhausarbeit im Auge zu behalten ist.

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